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Gott spielen oder Spiele spielen ?

Es gibt zwei grundverschiedene Zielvorstellungen in der Entwicklung elektronischer Kommunikations-Räume:

In TYP 1, heiss, geht es darum auf der Basis einer vorformulierten Technologie Werkzeuge zu gestalten und zu entwickeln, mit deren Hilfe die ARBEIT in einem Netzwerk ermöglicht wird, also um die Herstellung von Software und die Entwicklung von Oberflächenkonzepten. Die Software muss erlernbar sein und darf nicht ABSTÜRZEN. Sie vermittelt einen Produktcharakter und induziert beim Benutzer das Gefühl, sich beschweren zu müssen, wenn etwas seiner Meinung nach nicht geht. Dafür muss er aber auch mit dem System leben, wie es designt wurde.

TYP 2, kalt , dagegen ist die Synthese gestalterischer und technischer Komponenten mit dem Ziel einen kulturell offenen Raum zu schaffen, so wie Pontons virtuelle Piazzen. Es war und ist ein wichtiger Faktor in Pontons Arbeit, dass die Künstler und Gestalter dieser Räume nicht hinter ihr Werk zurücktreten. Ponton versucht durch Interaktion mit den Besuchern und die Beobachtung ihrer Handlungen die Richtung der Projekte zu definieren. Die Richtung ist natürlich ein vager Begriff, und darf nicht so verstanden werden, dass die Systeme möglichst TRENDY oder angenehm gemacht werden. Dafür gibt es genug andere Projekte. Die Fragestellung ist vielmehr : Wie kann man einen gestalterischen Prozess installieren, der neben dem Gestalter auch den Besucher in eine verantwortliche Position bringt. Dann ist jeder der Wirt der anderen aber auch sein eigener.

Die beiden Schemata 6 und 7 sollen die Interaktion zwischen Machern und Besuchern von Drahtrahmengärten darstellen. Im ersten Fall (Schema 6) nimmt der Macher, also der Programmierer, der Architekt oder Gestalter eine Sonderstellung im System ein. Er kontrolliert das Design und die Werkzeuge, die dem Besucher zur Verfügung stehen. Wenn er will, kann er die Wünsche und Vorschläge der Besucher berücksichtigen, er kann allerdings auch das System einfach beobachten(wie ein Aquarium), und die Umstände verbessern oder verschlechtern, ganz wie es ihm beliebt. Im Falle der LambdaMOO oder auch bei AlphaWorlds gibt es die sogenannten Wizards. Diese Zauberer haben besondere Kräfte oder Privilegien. Sie können Besucher bestrafen, wenn diese sich nicht benehmen, oder im Sinne der Systemregeln eine virtuelle Straftat begangen haben und ähnliches. Empfehlenswert für Interessierte ist Pavel Curtis "Mudding, Social Phenomena in Text Based virtual Realities., von 1992"[2]. In diesem Text geht Curtis detailliert auf die sozialen Verhaltensweisen der MUD-Benutzer ein, und auch auf seine eigene Rolle, die des Wizards. Ich finde diese Rollenverteilung problematisch, das sie durch die klar hierachische Struktur bestimmte devote und denunziante Verhaltensweisen provoziert, und die Besucher nicht auf sich selbst und ihre Eigenverantwortung zurückwirft.

SCHEMA 6

Der zweite Fall (Schema 7) wäre ein Idealfall. Nachdem die technische Basis für ein Kommunikationssystem geschaffen ist, verschwindet die Ungleichheit der Privilegien gleichermassen wie die Standesunterschiede. Die Auseinandersetzung, das Gespräch und die Veränderung der Welt geschieht auf Initiative des Einzelnen oder einer Gruppe(wobei es nun egal ist, wer der Programmierer und wer der Besucher ist). Das Ziel ist dann nicht mehr die Verbesserung des Systems im Sinne einer Steigerung des Unterhaltungswertes, sondern der Dialog, die gemeinschaftliche Nutzung. Jeder Besucher trägt die Verantwortung für die Qualität der Kommunikation.

SCHEMA 7

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